Montag, 20. Mai 2024
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Die Grenzen von Qualitätsangaben bei Registrierungsalgorithmen

Laserscanning hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten als revolutionäre Technologie in der Vermessungsbranche etabliert und sich zu einem Massenmarkt entwickelt. Dieser rasante Wandel wurde durch Marketingstrategien angetrieben, die behaupten, „jeder kann messen“. Das Ergebnis? Vorteile in der Verbreitung der Technologie aber auch eine Flut von Anwendern ohne formale Ausbildung oder Studium im Bereich Vermessungswesen, die Laserscanning-Dienstleistungen zu sehr optimistischen Qualitätsangaben anbieten.

Sie verlassen sich oft ausschließlich auf die Genauigkeitsangaben der Hardware-Hersteller, ohne die Fähigkeit oder das Wissen zu besitzen, die Daten korrekt auszuwerten. Das Problem? Diese Genauigkeitsangaben sind oft irreführend, da sie in der Regel nur unter idealen Bedingungen und für einen Standpunkt gelten. Dabei können mehrere Scanstandpunkte zur vollständigen Erfassung eines Objekts erforderlich sein, was die Unsicherheit und die Qualität des Ergebnisses erhöht.

Die Rolle von Algorithmen im Laserscanning

Laserscanner sind in der Lage, innerhalb kürzester Zeit Millionen von Punkten zu erfassen. Diese umfangreichen Datensätze sind allerdings ohne geeignete Software und Algorithmen von geringem Nutzen. Es sind die Algorithmen, die diese Rohdaten in wertvolle, aussagekräftige und genaue Punktewolken oder 3D-Modelle umwandeln.

Darüber hinaus beeinflussen die Algorithmen auch die Genauigkeit und Qualität der Endresultate. Dies geschieht insbesondere durch den Prozess der Registrierung, bei dem einzelne Standpunkte zu einer Gesamtpunktwolke verbunden werden.

Bei den meisten Anwendern kommt die Cloud-to-Cloud Registrierung zum Einsatz, welche ihren Ursprung in der Elektrotechnik hat. Die Registrierungsergebnisse werden von den meisten Anwendern üblicherweise in Form von Registrierungsberichten und per visueller Kontrolle verifiziert.

Wir werfen nun einen detaillierteren Blick auf diesen Algorithmus, um zu erörtern, warum wir ihn aus geodätischer Perspektive kritisch betrachten und dennoch eine Daseinsberechtigung vorliegt.

Registrierungsberichte als Hauptqualitätsmaß

Im Laserscanning werden Abweichungen (Residuen) oft als Hauptqualitätsmaß verwendet. Es gibt zwei Hauptmethoden, um Abweichungen zwischen überlappenden Punktwolken (Cloud to Cloud) zu berechnen (Voraussetzung: Punktwolken sind Vororientiert/Grobregistriert):

1. Punkt-zu-Punkt-Vergleich: Hier nehmen wir einen Punkt aus unserer Punktwolke und suchen den nächstgelegenen Punkt in einer anderen Punktwolke. Der Abstand zwischen diesen beiden Punkten ist die Abweichung.

2. Punkt-zu-Fläche-Vergleich: Bei dieser Methode bilden einige Punkte in der Wolke eine Fläche (ähnlich wie ein Netz). Dann nehmen wir einen Punkt aus einer anderen Wolke und sehen, wie weit er von dieser Fläche entfernt ist. Dieser Abstand ist die Abweichung.

Ein wichtiger Aspekt hierbei ist, wie groß der Suchradius für jeden Punkt ist. Wenn der Abstand zwischen den Punkten oder dem Punkt und der Fläche zu groß ist, wird dieser ignoriert was die resultierenden Qualitätsmaße beeinflussen kann.

Die Grenzen von Qualitätsangaben bei der Cloud to Cloud Registrierung

Obwohl diese Abweichungen ein nützliches Werkzeug zur Qualitätskontrolle sind, haben sie auch ihre Grenzen. Sie sind oft stark konfigurationsabhängig und daher nicht immer aussagekräftig. Das bedeutet, dass sie nicht immer ein genaues Bild von der tatsächlichen Qualität oder Genauigkeit der Daten liefern.

Ein weiteres Problem ist die Intransparenz des Cloud to Cloud Algorithmus. Das bedeutet, dass es für den Endbenutzer schwer zu verstehen ist, wie dieser funktioniert und ob auf die angegeben Werte in Registrierungsberichten vertraut werden kann. Dies kann zu Missverständnissen und Fehlinterpretationen führen, insbesondere wenn die Daten für kritische Anwendungen wie Bau oder Ingenieurwesen verwendet werden.

In einem Cloud-to-Cloud-Bericht werden alle Verknüpfungen zwischen jeweils zwei Stationen dargestellt. Für jede dieser Verknüpfungen wird der Überlappungsbereich und der durchschnittliche Abstand (Fehler) zwischen den Punkten der beiden Wolken berechnet. Dieser durchschnittliche Abstand gibt an, wie gut die beiden Punktwolken übereinstimmen.

Am Ende des Berichts wird ein „Gesamtfehler“ präsentiert. Dieser ergibt sich aus dem Mittelwert aller einzelnen Fehler der Verknüpfungspaare und wird oft als Qualitätsindikator an den Auftraggeber weitergegeben.

Das Problem hierbei ist, dass dieser Gesamtfehler nur die lokalen Unterschiede zwischen den einzelnen Verknüpfungspaaren berücksichtigt. Er gibt keine Auskunft darüber wie sich die vielen Fehler über das gesamte Projekt fortpflanzen und das Gesamtergebnis beeinflussen.

Registrierungsbericht:

Von StandpunktZu StandpunktÜberlappungFehler
1265%2.5 mm
2361%4.3 mm
3455%3.3 mm
Gesamtergebnis3.4 mm
Beispielhaftes Registrierungsprotokoll

Um die Qualitätsangabe zu kontrollieren wird von vielen Anwendern dann noch eine visuelle Überprüfung in Form von Schnitten die vertikal und horizontal durch beispielsweise ein Gebäude gelegt werden durchgeführt. Dies ist aber ein Trugschluss, da sich visuell niemals erkennen lässt, wie sich die paarweisen Fehler zu einem Gesamtfehler fortpflanzen.

Warum ist das gefährlich?

Draufsicht eines langgezogenen Objektes mit 4 Scanstandpunkten:

Visuelle Kontrolle nach erfolgreicher Registrierung:

Sieht gut aus ✅→ Datenabgabe…………

STOP 🛑 Die Realität sieht leider so aus:

Tatsächliche Abweichung zu den Soll-Maßen durch Fehlerfortpflanzung:

Was kann man dagegen unternehmen?

1. Einmessung von Zielmarken oder Kugeln.

2. Verwendung eines TLS mit hoher Kompensatorgenauigkeit (vorausgesetzt die Software kann damit arbeiten): je nach Genauigkeit des Kompensators ist eine Restbeweglichkeit um die X und die Y Achse im Maße des Genauigkeitswertes vorhanden. Somit muss bei der Registrierung nicht mehr viel um diese Achsen gedreht werden und der Gesamtverbund wird gestärkt.

3. Verwendung von Loop-Closures (Schleifenschlüsse) damit sich die paarweisen Registrierungsfehler optimal verteilen.

4. Alternative Algorithmen verwenden: Wer noch deutlich höhere Genauigkeiten als bei der Cloud-to-Cloud Registrierung erreichen möchte und auf aussagekräftige Protokolle nicht verzichten mag, kann auf ebenenbasierte Registrierungsalgorithmen zurückgreifen.

Warum ist der Cloud-to-Cloud Algorithmus unverzichtbar?

1. Der Algorithmus kann ohne oder mit Zielzeichen funktionieren, was ihn flexibel und anwendungsfreundlich macht.

2. In unregelmäßigen Umgebungen wie bspw. Höhlen sehr effizient.

3. Der Algorithmus wird bei fast allen Laserscannern auf dem Markt bei der Vorregistrierung (On-Site) sehr robust genutzt um schon mit einer Registrierten Punktwolke im Büro anzukommen.

4. Der benutzerfreundliche Algorithmus hat zu einer deutlichen Expansion des Marktes geführt und die Popularität des Laserscannings erheblich gesteigert. Somit ist auch der Einstieg von nicht-Geodäten ein leichtes, um sich mit der Technik vertraut zu machen.

Fazit

Während Laserscanning-Hardware zweifellos wichtig ist, dürfen wir die Rolle der Algorithmen nicht unterschätzen. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung der Qualität und Genauigkeit der erfassten Daten. Es ist daher unerlässlich, sowohl die Hardware als auch die Software zu berücksichtigen, wenn man die besten Ergebnisse erzielen möchte.

Es ist auch wichtig, die Grenzen und Einschränkungen der verwendeten Qualitätsmaße zu verstehen. Residuen sind ein nützliches Werkzeug, aber sie sind nicht das einzige oder immer das beste Werkzeug. Ein tiefes Verständnis der Algorithmen und ihrer Auswirkungen kann dazu beitragen, bessere, genauere und zuverlässigere Ergebnisse im Laserscanning zu erzielen.

Julian
Author: Julian

Ich bin sowohl leidenschaftlicher Vermesser als auch Tech-Freak und liebe es über die neusten Trends in der Scantechnologie zu schreiben!

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