Montag, 20. Mai 2024
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BIM in der Geodäsie

BIM im Neubau - BIM im Bestand und BIM im historischen Kontext

Bereits 2018 hatte ich einen Fachbeitrag zum Thema BIM in der Geodäsie geschrieben und mich intensiv mit der Entwickung und den Möglichkeiten beschäftigt. Da sich meines Erachtes seitdem nur wenig geändert hat, möchte ich an dieser Stelle nochmal auf meine Publikation von damals zurückgreifen und diese auch hier veröffentlichen. Bitte beachtet, dass es natürlich in den letzten 6 Jahren eine gewisse Entwicklung gab (z.B. von LOD/LOG/LOI zu LOIN), ich jedoch denke das dieser Text grundsätzlich noch eine gewisse allgemeine Gültigkeit besitzt weshalb ich euch den folgenden Text ohne zusätzliche Änderungen preisgebe.

Viel Spass beim lesen!

1       Building Information Model

1.1           BIM – Definition und Historie

1.1.1        Definition

Maßgeblich für die Entwicklung eines BIM Standards in Deutschland muss der Stufenplan des BMVI genannt werden. Eben dieser sieht vor, dass in der dritten Entwicklungsstufe ab 2020 alle Projekte, die in den Zuständigkeitsbereich des BMVI fallen mittels BIM abgewickelt werden sollen. Grundsätzlich muss also eine allgemeingültige Definition gefunden werden, um festzulegen wie genau BIM eigentlich zu verstehen ist. Laut dem BIM Leitfaden für Deutschland[1], herausgegeben im Jahre 2013, sieht die aktuelle Definition zu BIM wie folgt aus:

Building Information Modeling (BIM) ist eine Planungsmethode im Bauwesen, die die Erzeugung und die Verwaltung von digitalen virtuellen Darstellungen der physikalischen und funktionalen Eigenschaften eines Bauwerks beinhaltet. Die Bauwerksmodelle stellen dabei eine Informationsdatenbank rund um das Bauwerk dar, um eine verlässliche Quelle für Entscheidungen während des gesamten Lebenszyklus zu bieten; von der ersten Vorplanung bis zum Rückbau.“ – Quelle NBIMS[2]

Anhand dieser vom BMVI im BIM Leitfaden für Deutschland verwendeten Definition, lässt sich erkennen, dass die Arbeitsmethodik BIM bereits bei der Planung eines Bauwerkes, bis hin zur Bewirtschaftung und über den kompletten Lebenszyklus hinaus Anwendung zu finden hat. Während in dieser offiziell angewandten Definition von einer Planungsmethode die Rede ist, ist BIM jedoch eher als Arbeitsmethodik zu verstehen, da auf Grundlage der digitalen Gebäudemodelle relevante Daten und Informationen zum Gebäude konsistent erfasst und verwaltet werden. Die daraus resultierende Informationsdichte zum Bauwerk dient einer transparenten Kommunikation zwischen den Beteiligten, der lückenlosen Dokumentation der bauwerklichen Veränderungen sowie der verlässlichen Grundlage weiterer Planungen am Gebäude. Auch sieht BIM als Arbeitsmethodik die gewerkeübergreifende Bearbeitung durch Projektbeteiligte vor, was im Zuge von BIG OPEN BIM durch ein einheitliches Austauschformat (IFC) die einzelnen Fachdisziplinen in unterschiedlichen Softwareanwendungen arbeiten lässt.

1.1.2        Historie

Blickt man auf die Historie von BIM zurück, wird schnell klar, dass es sich bei BIM keineswegs um eine neuartiges, urplötzlich aus dem Boden geschossenes Phänomen handelt. Vielmehr ist der Grundgedanke dieser Arbeitsmethodik bereits in den 1970er – 1980er Jahren verwurzelt, welcher lediglich von der Bau- und Planungsbranche versäumt oder schlichtweg ignoriert wurde.

Die Grundidee vom Building Information Model, damals noch Building Product Model genannt, stammte von Charles Eastman, einem US-amerikanischen Architekten, der nach erfolgreichem Studium in Berkeley zur Pittsburger Carnegie Mellon University wechselte, um sich dort einer Computergemeinschaft anzuschließen. In diesem Zuge wurde dann das erste Datenaustauschformat für „Product Model Data“ entwickelt. STEP (Standard for the Exchange of Product Model Data) wurde ab 1984 angeboten und findet auch heute noch Anwendung im industriellen Datenaustausch.[3]

Während in der Bau- und Planung auch heute noch hauptsächlich vektorbasiert zweidimensional geplant wird, sind die Branchen aus Industrie- und Maschinenbau bereits seit vielen Jahren mit der bauteilorientierten dreidimensionalen Modellierung beschäftigt. Dort werden Maschinen und Werkhallen digital bis hin zur letzten zu verbauenden Schraube geplant und parametrisiert. Weiterführend wurde durch diesen Prozess in der Industrie die Vernetzung über die komplette Wertschöpfungskette der Produktion realisiert, so dass die Digitalisierung bis hin zum Endprodukt realisiert werden kann. Diese Prozesskette wird mit Industrie 4.0 beschrieben und umfasst, ähnlich wie den Lebenszyklus eines Bauwerks im BIM, den kompletten Lebenszyklus eines Produktes von seiner Grundidee über die Entwicklung, Fertigung, Nutzung bis hin zum Recycling.

Auch bei der Betrachtung des Geoinformationssektors können vergleichbare Rückschlüsse gebildet werden. Blickt man zum Beispiel auf die Verwendung von GIS im Bereich der Energieversorger, wird schnell klar, dass eine durchgängige Dokumentation des Versorgungsnetztes und dessen Lebenszyklus samt zugehörigen Informationsgehalt durchgängig abgedeckt wird. Dieser Bereich bewegt sich zwar meist im geschlossenen System, ähnlich der Analogie Little Closed BIM, jedoch ist auch hier der langjährige Trend zur durchgehenden und umfassenden Datenerfassung erkennbar. Ebenfalls wird im GIS Bereich mit Attributen, ähnlich der Parametrisierung von Bauteilen in BIM gearbeitet. Somit sind auch hier Daten zum Lebenszyklus durchgängig erfasst und in einem digitalen System abbildbar.

Es lässt sich also erkennen, dass der Grundgedanke hinter BIM bereits seit Jahrzenten Anwendung findet und sich in anderen Branchen bereits durchgesetzt hat. Anhand des Vergleichs mit der Industrie 4.0 ist zu erkennen, dass die Arbeitsmethodik bereits im „kleinen“ beginnt und mit der Verwendung von GIS im „großen“ abschließt. Lediglich die goldene Mitte, nämlich die Infrastruktur im Hoch- und Tiefbau begreift so langsam erst die Vorteile dieser Arbeitsmethodik und wird diese in den nächsten Jahren zwangsläufig auch implementieren müssen.

1.1.3        Nutzen von BIM

Der langwierige und kostenaufwendige Prozess der Architekturplanung wurde durch immer steigende Anforderungen an den Bauwerken zu einem Prozess, welcher den Einsatz und die Abstimmung von Fachplanern und den differenzierten Planungsbereichen stetig erschwert. Selbst bei großen Bauvorhaben wurde in den einzelnen Disziplinen oft noch zweidimensional geplant, die unterschiedlichen Planungsstände als digitales Medium verteilt oder als Papierplot über die Baustellen verstreut. Nicht zuletzt aus diesem Grund gab und gibt es auch heute noch Verzögerungen im Baufortschritt die bereits auf die Planung zurückzuführen sind. Baumängel die in der Ausführung auf die Nutzung falscher Planstände schließen lassen und generelle Kommunikationsprobleme durch den Planungs- und Bauablauf hinweg. Eben dieser Problematik nimmt sich BIM an. Die Nutzung eines einheitlichen Bauwerkmodells, welches durchgängig über die einzelnen Planungsphasen hinweg entwickelt und in das die einzelnen Fachdisziplinen ihre Daten einfließen lassen, soll Planungssicherheit und Kosteneinsparung mit sich bringen.

Vergleicht man nun die Planungsphasen von BIM mit den derzeit in der Praxis üblichen Planungsphasen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) stellt man fest, dass es zwar gewissen Parallelen gibt, diese jedoch durch eine integrale Denkweise im BIM Modell zu weiterführenden Fragestellungen führen werden. Während die Planungsphasen der HOAI ein sequenzielles Planungsmodell vorsehen, liefert die phasenübergreifende Planungsmethode BIM bereits Erkenntnisse zu möglicherweise aufkommenden Problemstellungen in den ersten Planungsphasen. Dies führt zu einer frühen Verschiebung der Leistungsphasen, so dass schon in der Entwurfsphase detaillierte Daten zu liefern sind, die nach HOAI erst in der Ausführungsplanung zum Tragen gekommen wären. Grundsätzlich ist dies zu begrüßen, da hier frühzeitig mit einer Koordination unter den Projektbeteiligten zu rechnen ist und in den späteren Planungsphasen entsprechende Problemstellungen schon gelöst worden sind. Zu klären wäre in diesem Zusammenhang noch der rechtliche und kostenorientierte Aspekt. Zwar steht die HOAI dem BIM Planungsverfahren in nichts entgegen und erkennt die einzelnen Leistungsphasen der HOAI innerhalb dieses Verfahrens an, jedoch werden die durch die BIM Methodik eingebrachten Leistungen bislang als gesonderter Mehraufwand angesehen und unter die Vergütung für besondere Leistungen gebracht[4]. Hier ist sicherlich eine weitere Anpassung an die Phasen der BIM Methodik von Nöten und für die Zukunft absehbar.

1.2           Geodätische Aspekte in der Bauaufnahme

Der vom BMVI herausgegebenen BIM Leitfaden für Deutschland sowie die derzeit verfügbare Literatur zu BIM verdeutlicht, dass sich die Mehrheit der in diesem Entwicklungsprozess beteiligten Personen primär mit der Planung von Neubauten beschäftigen und das BIM als Arbeitsmethodik bei der Umplanung von Bestandsgebäuden zumindest in der aktuellen Entwicklungsphase noch kaum eine Rolle spielt. Umso mehr sollte man, grade wenn es um das Thema Bauaufnahme geht, kritisch prüfen inwieweit die BIM Arbeitsmethodik hier anwendbar ist, welche Widersprüche sich ergeben und ob die Bauaufnahme die aktuellen Normen von BIM überhaupt erfüllen kann.

Hingegen der mittlerweile mehr oder minder festgeschriebenen BIM Arbeitsweise steht die noch sehr junge Heritage BIM Methodik (HBIM) nach Maurice Murphy, die im letzten Abschnitt dieses Kapitels genauer betrachten wird, sowie die seit Jahren praktizierte „Empfehlung für Baudokumentation und Bauaufnahme“ nach Günther Eckstein die auch im weiteren Verlauf Beachtung finden wird.

Aus geodätischer Sicht sollten wir bei BIM mit der Betrachtung des Level of Accuracy (LOA) beginnen. Dieser legt den Grad der Genauigkeit der aufgenommenen und modellierten Daten fest. Nun ist besonders interessant zu erwähnen, dass dieser in der deutschsprachigen Literatur kaum eine Erwähnung findet. Lediglich der vom DVW[5] herausgegebene Leitfaden „Geodäsie und BIM“ greift diese Thematik tatsächlich auf, verweist jedoch auf einen US-Amerikanischen Standard[6]. Im BIM Leitfaden für Deutschland vom BMVI wird diese Thematik komplett missachtet.

Der LOA muss demnach bei der Bauaufnahme in zwei Angaben unterteilt werden, der Messgenauigkeit und der Modellierungsgenauigkeit.  Die fünf Klassen des LOA (Tabelle 1) korrespondieren mit der in der deutschen Norm DIN18710-Ingenieurvermessung (Tabelle 2) vorgegebenen Klassifizierung für Messgenauigkeiten und basieren auf der in der Geodäsie bekannten Standardabweichungen.

Ein direkter Vergleich der beiden Tabellen (Tabelle 1 & Tabelle 2) macht dies deutlich:

LevelUpper RangeLower Range
LOA 10User defined5 cm *
LOA 205 cm *15 mm *
LOA 3015 mm *5 mm *
LOA405 mm *1 mm*
LOA 501 mm *0*

Tabelle 1: Level of Accuracy; (*) Specified at the 95 percent level (Quelle: USIBD 2016).

KlasseStandardabweichung σL bei LagevermessungenBemerkung
L150 mm < σL < 0sehr geringe Genauigkeit
L215 mm < σL < 50 mmgeringe Genauigkeit
L305 mm < σL < 15 mmmittlere Genauigkeit
L401 mm < σL < 05 mmhohe Genauigkeit
L5 σL < 01 mmsehr hohe Genauigkeit

Tabelle 2:  Klassifizierung der Messgenauigkeit bei Lagevermessungen nach der DIN18710-Ingenieurvermessung.

Die wohl am häufigsten auftretende Begrifflichkeit im Zusammenhang mit BIM ist der Level of Development (LOD), welcher den Fertigstellungsgrad des Modells beschreibt. Hier ist nun auch die Analogie zu den Leistungsphasen der HOAI zu erkennen. Obwohl der Regelungsinhalt der HOAI 2013 das BIM-Verfahren in Leistungsphase 2 als besondere Leistung vorsieht, ist zu erkennen, dass die nach BIM geregelten LODs bereits in Leistungsphase 1 beginnen und bis hin zu Leistungsphase 7 greifen.  Ein genauerer Blick auf die LODs, ausgehend vom BMVI BIM Leitfaden für Deutschland[7], zeigt wieder den Verweis auf die internationale Regelung des Amerikanischen Architektenverbandes NATSPEC.

Dieser sieht die Fertigstellungsgrade wie folgt vor:

BezeichnungBeschreibung
LOD 100 (Konzeptionell)Das Modellelement kann im Modell grafisch mit einem Symbol oder einer anderen allgemeinen Abbildung dargestellt werden, aber es erfüllt noch nicht die Anforderungen von LOD 200. Information zu dem Modellelement (z. B. Kosten pro Fläche, Rauminhalt  der Lüftungsanlage) kann von anderen Modellelementen bezogen werden
LOD 200 (ungefähre Geometrie)Das Modellelement wird im Modell grafisch als ein allgemeines System, Objekt oder Baugruppe mit ungefähren Mengen, Größe, Lage und Orientierung dargestellt. Nicht-grafische Informationen können ebenfalls dem Modellelement hinzugefügt werden.
LOD 300 (genaue Geometrie)Das Modellelement wird im Modell grafisch als ein System, Objekt oder eine Baugruppe mit spezifischen Mengen, spezifischer Größe, Lage und Orientierung dargestellt. Nicht-grafische Informationen können dem Modellelement ebenfalls hinzugefügt werden.
LOD 400 (Bauausführung)Das Modellelement wird im Modell grafisch als ein System, Objekt oder eine Baugruppe mit spezifischen Mengen, spezifischer Größe, Lage und Orientierung und spezifischen Mengen dargestellt und ist mit Informationen zur Detaillierung, zur Herstellung, zum Aufbau und zur Installation versehen. Nichtgrafische Informationen können dem Modellelement ebenfalls hinzugefügt werden.
LOD 500 (As-built)Das Modellelement ist in Sachen Größe, Aussehen, Lage, Mengen und Orientierung eine überprüfte Darstellung dessen eingebaut wurde. Nicht-grafische Informationen können dem Modellelement ebenfalls hinzugefügt werden.

Tabelle 3 – Definition der LODs nach NATSPEC 2013

Die in der Tabelle 3 dargestellten LODs gliedern sich nun in zwei Bereiche, den semantischen (LOI – Level of Information) und den geometrischen (LOG – Level of Geometrie) Teil. Die Spezifikation der Geometrie kann man anhand der einzelnen Definitionen der LODs ableiten, wohingegen die Informationsdichte (LOI) projektspezifisch festgelegt werden muss.[8]

Dieser Klassifizierung stehen die von Günter Eckstein publizierten Genauigkeitsstufen (Tabelle 4) aus der  „Empfehlung für Baudokumentation und Bauaufnahme“ entgegen, welche im Besonderen in der Bauforschung und Bauaufnahme durch Architekten und Historiker für verformungstreue Aufmaße Anwendung findet und deswegen auch in diesem Kontext Beachtung finden sollte.

BezeichnungBeschreibung
GST 1Schematische Darstellung ohne Berücksichtigung von Bauschäden und Verformungen (Zielmaßstab 1:100) Eingetragen werden: Lage und Größe der Wandöffnungen, Geschoss- und Dachstuhlhöhen, Wand- und Deckenstärken, Raumgeometrie und Winkel werden durch Diagonalmaße korrekt wiedergegeben, vereinfachte Darstellung von Sichtfachwerk oder Konstruktionen. Ziel: Wiedergabe eines Gebäudetyps in korrekter Grundrissgliederung, Höhenentwicklung und Erscheinung als erste Erfassung des Bauwerks für die Projektplanung oder Maßnahmen ohne Eingriffe in die historische Bausubstanz.
GST 2Annähernd wirklichkeitsgetreues Aufmaß (Zielmaßstab 1:50 oder 1:100) Eingetragen werden: konstruktiver Aufbau in korrekten Proportionen inklusive der maßgeblichen Verformungen, Ausbaumaßnahmen oder gestalterische Details können – je nach Relevanz – vereinfacht dargestellt werden, Hinweise auf frühere Bauzustände. Bei Bedarf werden auch Bauschäden dokumentiert und die Baumaterialien kurz bezeichnet. Ziel: Erstellung von zueinander referenzierten Plänen (z.B. Ansichten, Schnitte, Grundrissebenen über durchgehende Lote) zur vollständigen Erfassung eines Gebäudes als Grundlage für einfache Sanierungsmaßnahmen bzw. restauratorische Kartierungen oder im Rahmen einer klassischen Inventarisation.
GST 3Verformungsgetreues Aufmaß (Zielmaßstab 1:50) Eingetragen werden zusätzlich zu Stufe II: Konstruktion und Struktur aller Bauteile inklusive der maßgeblichen Oberflächenmerkmale, Baufugen, Handwerkszeichen, Darstellung verdeckter Bereiche von Holzverbindungen, Hinweise auf frühere Bauzustände, die für die Bauforschung relevant sind. Bei Bedarf ergänzt um die Erfassung von Bauschäden, Beschreibung des Baumaterials und der Konstruktion, usw. Ziel: Exakte und verformungsgetreue zeichnerische Erfassung des Objektes mithilfe eines dreidimensionalen Messsystems, die die wissenschaftliche historische Bauforschung ermöglicht und die Grundlage für Umbaumaßnahmen bildet.
GST 4Verformungsgetreues Aufmaß mit detaillierter Darstellung (Zielmaßstab 1:25 oder größer) Eingetragen werden zusätzlich zu Stufe  III: Hochgradig detaillierte Darstellung aller konstruktiven wie gestalterischen Details, z. B. mit Doppellinien für Steinmauerwerk und Fachwerksverbindungen sowie Darstellung aller bauhistorisch relevanter Befunde der vorhandenen und Spuren abgegangener Elemente des Objekts. Ziel: Sehr präzises, verformungsgetreues und detailreiches Aufmaß als Grundlage für schwierige Restaurierungs- und Sanierungsarbeiten sowie als Basis für die wissenschaftliche Analyse komplexer Objekte.

Tabelle 4: Genauigkeitsstufen in der Bauaufnahme nach Eckstein

Ausgehend von dieser Betrachtung der vorhandenen Vorgaben lässt sich erkennen, dass BIM als Arbeitsmethodik die klassische Neubauplanung im Fokus hat. LOD500 würde demnach ein As-Built Modell, das Bestandsmodell eines Gebäudes, definieren.  Während der einzelnen Planungsphasen des Neubaus sind somit alle relevanten Planungsinformationen, gewerkeübergreifend in das Modell eingeflossen und enthalten demnach detaillierte Informationen zu TGA, Fachwerk, Elektro, Sanitär etc… Die somit überlieferte Informationsdichte in diesem Planungsprozess ist also weitaus umfangreicher als in der Bauaufnahme technisch abbildbar. In der Bauaufnahme gilt allgemein: Aufgenommen werden kann, was messbar und nachvollziehbar ist. Die Informationen an welcher Stelle zum Beispiel Kabelkanäle verlaufen, wo welche Rohrleitungen verlegt wurden oder wie das (verdeckte) Tragwerk tatsächlich verläuft, sind in der Regel nicht abbildbar. Zwar können unter Einbezug der Bauforschung weitere Informationen hinzugewonnen werden, jedoch wird die Genauigkeit eines Bestandsmodells durch eine Bauaufnahme wohl kaum den eigentlich angedachten Anforderungen des LOD500 As-Built Modells gerecht werden.

Angesichts der vorhergehenden aufgegriffenen Thematik wird im Verlauf dieser Thesis darum die Begrifflichkeit „Grundlagenmodell für BIM“ gewählt, da die durch Bauaufnahme erzeugten Daten durchaus BIM fähige Charakteristiken enthalten jedoch auf Grund der sich abzeichnenden Kontroverse nicht  konkret als BIM bezeichnet werden sollten.

Betrachten wir uns diesen Widerspruch nun genauer mit einem Blick auf die Methodik HBIM:

Im Fachbuch „Heritage Building Information Modelling“[9] beginnt John Edwards das zweite Kapitel mit den Worten: „It’s BIM – but not as we know it!“ und unterscheidet zwischen BIM als klassisch definierte Arbeitsmethode und HBIM / EBIM (Existing Building Modelling). Die Unterscheidung HBIM / EBIM wird folglich außer Acht gelassen, wenn gleich EBIM zumindest von der Begrifflichkeit passender wäre. Beide Ansätze verfolgen jedoch das gleiche Ziel und da sich der Begriff EBIM bislang nicht weiter durchgesetzt hat, wird hierauf verzichtet.

Nach Murphy wird HBIM sinngemäß wie folgt definiert:

Die Prozedur der Datenerfassung mittels Laserscanning und Fotogrammmetrie und die Nachbearbeitung dieser Daten mit dem Ziel eine Methode zur Extraktion von Gebäudebauteilen für historisch relevante Strukturen zu finden[10]

In der englischsprachigen Fachliteratur zu HBIM sind viele Fallbeispiele zu finden, die genau diesen Ablauf vorsehen und anwenden. Basis für die Erstellung eines HBIM sind demnach fast immer Daten bzw. Punktwolken die mittels terrestrischem Laserscanning oder der Fotogrammmetrie gewonnen wurden und zur Ableitung von parametrisierten Gebäudebauteilen genutzt werden.

Die Messdaten bilden hierbei die Grundlage der geometrischen Eigenschaften der Bauteile, während die Semantik anhand historischer Überlieferungen zu Bauweisen und Werkstoffen hergestellt oder durch Ergebnisse der Bauforschung ergänzt wird. Einig sind sich alle Autoren in einem Punkt: HBIM verlässt den klassischen Arbeitsablauf des BIM und kann viele Vorgaben dessen, auf Grund fehlender Informationen, gemäß anerkannter Definitionen nicht erfüllen.

Jedoch ergeben sich durchaus nützliche Synergien in der Anwendung der BIM Methodik für historische Gebäude. Die Vorteile der Parametrisierung innerhalb des Modells werden nutzbar gemacht und Attribute in Form von historisch überlieferten Dokumenten mit den Bauteilen verlinkt. Es entsteht ein dreidimensionales, geometrisch möglichst korrektes, digitales Modell des Bauwerks, das mit den Vorteilen der Semantik verknüpft wird, um so die Informationsdichte zu bündeln. HBIM folgt auch teilweise den von BIM festgelegten Levels of Development, mit der Einschränkung, dass sich zwar die geometrischen Eigenschaften hiervon ableiten lassen, die Semantik aber fallspezifisch und losgelöst von der ursprünglichen Definition festgelegt wird.


[1] https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/Digitales/bim-leitfaden-deu.html            , zuletzt aufgerufen am 22.12.2018 .

[2] Das National Building Information Model Standard Project Committee (NBIMS) ist der Fachausschuss des National Institute for Building Sciences (NIBS) Facility Information Council (FIC) der Vereinigten Staaten in Fragen BIM und Standardisierung für den openBIM-basierten Datenaustausch, http://www.nationalbimstandard.org/faq.php#faq1 .

[3] Vgl. André Pilling, BIM – Das digitale Miteinander, Seite48-49 Abschnitt Geschichte des BIM.

[4] Vgl. Eschenbruch, 2014, S33. https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/Digitales/bim-massnahmenkatalog.html zuletzt aufgerufen am 22.12.2018        .

[5] DVW – Gesellschaft für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement e. V.

[6] Vgl. DVW Leitfaden Geodäsie und BIM, Seite 21, USIBD Level of Accuracy Specifiaction Guide.

[7] BMVI BIM Leitfaden für Deutschland, Anhang D Internationale Beispiele für Fertigstellungsgrade nach NATSPEC.

[8] Vgl. Hausknecht & Liebich 2016, Seite 137-138.

[9] Vgl. Heritage Building Information Modelling, Yusuf Arayici,2007, Abschnitt 2, Seite 28-45

[10] Vgl. Historic Building Information Modelling – Adding intelligence to laser and image based surveys of European classical architecture, Murphy et al. 09.01.2013, Abschnitt 1.1 Definition

FAZIT und ein Rückblick auf meinen Text von 2018:

Natürlich würde ich heute einige wenige Aspekte auf Grund von zugewonnenem Wissen anders oder ggf. ausführlicher Beschreiben. Warum ich diesen Text trotzdem „ungefiltert“ hier veröffentliche? Es war mein Arbeits- und Wissensstand zum damaligen Zeitpunkt und wenn ich diese Zeilen heute nochmal lese bin ich der nach wie vor der Meinung, dass sich garnicht so viel seitdem geändert hat.

Ich würde auch heute noch behaupten, dass die BIM Arbeitsmethodik primär für Neubauvorhaben gedacht ist und wir für den Bereich BIM im Bestand eigene auf unsere Möglichkeiten und Grenzen angepasste Vorgaben festlegen müssten. So wie es HBIM mit dem historischen Kontext für den Bereich der Rekonstruktion gibt, sollten wir an dem Konzept für EBIM (Existing) festhalten und dies weiter ausbauen.

Weiterhin bin ich nach wie vor der Ansicht, dass wir zu inflationär mit Begrifflichkeiten wie „Scan2Bim“ oder „digitaler Zwilling“ umgehen, denn nur weil wir in der Lage sind eine Punktwolke zu erstellen oder aus diesen Daten ein 3D Modell zu erzeugen bewegen wir uns noch lange nicht im Bereich BIM oder digitaler Zwilling. Zu „echtem“ BIM gehört nach wie vor die Wertschöpfungskette durch die einzelnen Leisungsphasen hindurch sowie die Kopplung von Geometrie und Parametrisierung. Ein geometrisches Bestandsmodell eines Gebäudes hat wenig mit BIM zu tun insofern die Daten lediglich vom Vermesser zum Architekt gehen und von dort aus keine weitere Verwendung finden.

Robin
Author: Robin

Neue Technologien, unkonventionelle Lösungen und interdisziplinäres Arbeiten, das ist genau mein Ding!

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