Sonntag, 13. Oktober 2024
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Die Wichtigkeit von Neigungssensoren in terrestrischen Laserscannern

Ein terrestrischer Laserscanner ist ein Instrument, das mithilfe von Laserstrahlen Entfernungen misst, um eine 3D-Darstellung in Form einer Punktwolke des zu scannenden Objekts zu erstellen. Verschiedene Komponenten, wie Neigungssensoren können die Wirtschaftlichkeit vor Ort und vor allem die Genauigkeit und Qualität der Registrierung entscheidend beeinflussen. Es gibt mehrere Typen von Neigungssensoren:

1. Inklinometer:

  • Misst den Neigungswinkel entlang einer Achse, entweder in der X- oder Y-Achse.
  • Um Neigungen in beiden Achsen zu erfassen, muss der Laserscanner um 90 Grad gedreht werden.
  • Es handelt sich meist um ein passives System ohne automatische Kompensation. Die erfassten Neigungsdaten werden softwaregestützt verwendet, um die Punktwolke auszurichten.

2. Zweiachskompensator:

  • Kompensiert Neigungen gleichzeitig in zwei senkrechten Achsen (X- und Y-Achse).
  • Ideal für kontrollierte Umgebungen, in denen hohe Genauigkeit erforderlich ist.
  • Bietet eine hohe Präzision, hat jedoch einen begrenzten Kompensationsbereich. In anspruchsvollen Umgebungen, wie bei unebenem Gelände oder starken Vibrationen, kann dies zu Problemen führen.

3. IMU (Inertiale Messeinheit):

  • Eine IMU kombiniert mehrere Sensoren, darunter ein Gyroskop und einen Beschleunigungssensor, um Neigung und Bewegung zu messen. Manchmal wird auch ein Magnetometer verwendet.
  • Das Gyroskop erfasst Neigungen und Rotationen in allen drei Achsen (X-, Y- und Z-Achse).
  • Der Beschleunigungssensor misst lineare Bewegungen in allen drei Raumrichtungen.
  • IMUs haben einen großen Kompensationsbereich und sind daher widerstandsfähiger gegenüber Vibrationen und Stößen, was sie für anspruchsvollere Umgebungen besonders geeignet macht.

Einflussgrößen auf die Messbarkeit der Neigungskompensation:

Einige Laserscanner messen die vertikale Ausrichtung vor, während und/oder nach der Datenerfassung. Das richtige Timing ist dabei entscheidend, da äußere Einflüsse während des Scannens zu fehlerhaften Messungen führen können.

Zu diesen äußeren Einflüssen zählen Vibrationen, Stöße, Temperaturschwankungen sowie unvorsichtige Anwender oder Personen, die sich während des Scannens um das Instrument bewegen.

Wichtige Kenngrößen von Neigungssensoren:

1. Auflösung:

Die Auflösung eines Neigungssensors (oder generell eines Messinstruments) bezeichnet die kleinste messbare Veränderung, die das Gerät erkennen kann. Es ist im Wesentlichen, wie „fein“ das Gerät messen kann.

Zum Beispiel: Wenn die Auflösung eines Neigungssensors 0,001 Grad beträgt, bedeutet dies, dass dieser Neigungsänderungen in Schrittenweiten von mindestens 0,001 Grad erkennen kann.

2. Messbereich:

Der Messbereich gibt den Bereich der Neigungen an, den ein Neigungssensor messen kann. Es sind die minimalen und maximalen Werte, die ein Instrument erfassen kann.

Ein größerer Messbereich (typischerweise bei IMUs, wie z.B. Leica RTC360 und Riegl VZ-600i) bietet mehr Flexibilität beim Aufstellen und Justierung des Laserscanners. Dies erleichtert die Vorbereitung und Installation vor Ort, da weniger Zeit für die präzise Ausrichtung und Horizontierung benötigt wird. Ein Neigungssensor mit einem Messbereich von ±10 Grad erlaubt es beispielsweise, den Scanner auch auf leicht unebenen Oberflächen schnell aufzustellen, ohne viel Zeit für eine exakte Ausrichtung aufzuwenden.

3. Genauigkeit:

Die Genauigkeit eines Neigungssensors bezieht sich darauf, wie nah seine Messungen am tatsächlichen Wert sind. Sie gibt an, wie vertrauenswürdig oder zuverlässig eine Messung ist.

Beispiel: Wenn die Genauigkeit eines Neigungssensors ±0,05 Grad beträgt, könnte eine gemessene Neigung von 10 Grad in Wirklichkeit zwischen 9,95 Grad und 10,05 Grad liegen.

Für die Arbeitsweise vor Ort ist der Messbereich eines Neigungssensors entscheidend wie schnell ein Standpunkt horizontiert werden kann. Wenn man an einem Tag 100 Standpunkte scannt und jedes mal 30 Sekunden das Gerät horizontieren muss, dann wird schon mal eine knappe Stunde dafür aufgebracht. Innerhalb des Messbereichs wird die Schiefstellung des Geräts automatisch korrigiert. Bei einem Messbereich von 10° reicht es beispielsweise aus, nach Augenmaß zu horizontieren, oder der Hersteller integriert LED Lichter (s. Bild) um den Benutzer bei zu großen Neigungen zu warnen (grün= innerhalb des Messbereichs, rot = außerhalb des Messbereichs).

Für die Registrierung von Punktwolken ist die Genauigkeit eines Neigungssensors eine der wichtigsten stützen. Nachdem eine Schiefstellung korrigiert wurde, ist je nach Genauigkeit des Sensors eine Restbeweglichkeit um die X- und die Y-Achse im Maße des Genauigkeitswertes vorhanden. Somit muss bei der Registrierung nicht mehr viel um diese Achsen gedreht werden. Für die Transformation fallen somit lediglich 3 Translationen (X,Y,Z) und eine Drehung (Z-Achse) an. Der Gesamtverbund der Punktwolke wird gestärkt und die Redundanz und Zuverlässigkeit wird erhöht.

Mit der Genauigkeitsangabe des Sensors lässt sich für den Anwender in Abhängigkeit der zu scannenden Objektgröße abschätzen, wie gut die Gesamtpunktwolke horizontiert ist (äußere Genauigkeit) und wie stark die Gesamtpunktwolke durch das aneinanderreihen bzw. verknüpfen der einzelnen Stationen zu einer Gesamtpunktwolke „durchhängt“ bzw. einen Bauch bildet (innere Genauigkeit), bedingt durch die Fehlerfortpflanzung.

Innere Genauigkeit: Hierbei geht es um die relative Ausgleichung innerhalb der Gesamtpunktwolke. Die Genauigkeit des Neigungssensors bestimmt, wie flexibel die Rotation einer Station um die X- und Y-Achse ist. Ein ungenauer Sensor erlaubt mehr Bewegungsspielraum, was dazu führen kann, dass die Gesamtpunktwolke durch Fehlerfortpflanzung in der Registrierung einen „Bauch“ bildet. Je genauer der Neigungssensor, desto geringer ist dieser Effekt.

Äußere Genauigkeit: Diese beschreibt, wie genau die Gesamtpunktwolke relativ zur tatsächlichen Position im Raum horizontiert ist. Bei der lokalen Registrierung wird immer ein Scanstandpunkt als Referenzscan in seinem Ursprung festgehalten, um dann die anderen Standpunkte durch Ausgleichungsrechnung (Registrierung) an diesen auszurichten. Umso genauer der Neigungssensor ist, desto besser die Horizontierung der Gesamtpunktwolke. Der Genauigkeitswert wird in den Datenblättern von Laserscannern meist in Bogensekunden oder Grad angegeben. Mit diesem Wert kann nun in Abhängigkeit der Objektgröße abgeschätzt werden wie stark die Fehlneigung der Gesamtpunktwolke maximal ausfällt:

Für die Angabe in Bogensekunden (″) gilt:

Für die Angabe in Grad (°) gilt:

Rechenbeispiel bei einer Neigungssensorgenauigkeit von 0,05°:

Wie in diesem Beispiel zu sehen, gibt es beim Fachanwender schlaflose Nächte weil dieser nicht weiß ob die Neigung des Gebäudes der Realität entspricht (z.B. durch Verformungen) oder ob es an der Ungenauigkeit des Neigungssensors liegt. Bei Abgabe der Pläne wären die Fußbodenhöhen bis zu 18 mm Falsch und mit zunehmender Gebäudehöhe kommt noch ein Lagefehler von bis zu 44 mm hinzu.

Es gibt nun mehrere Lösungen:

1: Bei Ungenauen Neigungssensoren und/oder großen Projekten kann die innere und äußere Genauigkeit durch die tachymetrische Einmessung von Passpunkten und oder Nivellement verbessert werden.

+ Kontrolle und Qualitätssicherung

– Aufwand bei Projekten vergrößert sich deutlich

– aufwand steigt in Untergeschossen oder Bereichen ohne Sicht nach außen

2: „schiefe“ Gesamtpunktwolke händisch einpassen/horizontieren

+ Grundrisse sind relativ zum Gebäude maßgetreu

– Für lokale Baumaßnahmen im Innenbereich womöglich ausreichend

– wirklich schiefe Gebäude werden begradigt. Daraus erzeugte Pläne sind als Grundlage für Anbaumaßnahmen im Außenbereich ungeeignet

– innere (Un-)genauigkeit bleibt vorhanden

– beide Effekte können für wirtschaftliche Schäden führen zu Lasten von Auftragnehmer/Auftraggeber

3. Durchschnittliche Projektgrößen abschätzen und einen geeigneten Laserscanner mit einem Neigungssensor besorgen, der über eine ausreichend gute Genauigkeit verfügt. Bei großen Projekten den Aufwand zur Einmessung von Passpunkten in das Angebot für den Auftraggeber mit einkalkulieren.

+ zunächst Gewissheit über die Hardware beim Anwender

+ möglicherweise korrekte Pläne

+ schnelle Bearbeitungszeit und damit höhere Konkurrenzfähigkeit durch geringere Kosten

– setzt Registrierungssoftware voraus die Sensorwerte lesen und verarbeiten kann und aufschlussreiche Registrierungsberichte liefert.

– Die Leistungsmerkmale von Neigungssensoren werden in Datenblättern von Herstellern angegeben und sind oft viel zu optimistisch um konkurrenzfähig zu sein

– Sensoren sind nicht fehlerfrei somit kann trotzdem etwas schiefgehen

4. Wie in 3. Verfahren und eine Registrierungssoftware besorgen, die den Genauigkeitswert des Neigungssensors als Eingangsgröße (a priori) vorgeben lässt und durch Redundanz diesen kontrollieren und verbessern kann. Als Ausgangsgröße nach der Registrierung kommt dann der wahre Wert (a posteriori) des Neigungssensors zum Vorschein und es lässt auch sehen wie oft zufällige Fehler (Ausreisser) entstehen, sprich wie stark man sich auf den Sensor verlassen kann.

+ Gewissheit über die Korrektheit der Daten

– zusätzliche Software

– geodätisches Verständnis über die Ausgleichungsberechnung

Fazit:

In der Branche der terrestrischen Laserscanner wird oftmals ein hoher Fokus auf Bildqualität und Scangeschwindigkeit gelegt. Dabei gerät die Qualitätssicherung in Bezug auf Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Messdaten immer mehr in den Hintergrund. Doch wie hier dargelegt, spielt der Neigungssensor eine entscheidende Rolle für die relative und die äußere Genauigkeit der Punktwolke. Man kann den Sensor nur vernachlässigen, wenn ausreichend Passpunkte mit einem Tachymeter eingemessen wurden. Jedoch steigert dies den Arbeitsaufwand für Scan-Dienstleister und treibt die Kosten für den Auftraggeber in die Höhe. Daraus lässt sich ableiten, dass je genauer der Neigungssensor ist, desto größere Objekte können ohne oder mit weniger Passpunkten gescannt werden im Vergleich zu Systemen mit ungenaueren Sensoren. Somit wird neben der Scangeschwindigkeit auch die Wirtschaftlichkeit und Effizienz signifikant erhöht.

Julian
Author: Julian

Ich bin sowohl leidenschaftlicher Vermesser als auch Tech-Freak und liebe es über die neusten Trends in der Scantechnologie zu schreiben!

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