Sonntag, 13. Oktober 2024
StartAllgemeinDie Konzepte des digitalen Zwillings, digitalen Schattens und digitalen Modells

Die Konzepte des digitalen Zwillings, digitalen Schattens und digitalen Modells

Begriffsdefinitionen - Teil 1 - Digital Twin

Die Branche des Reality Capturing ist noch vergleichsweise neu. Diverse Hard- und Softwarelösungen versprechen das schnelle und einfache „einfangen“ und erstellen von virtuellen Abbildern unserer Realität. Durch gekonnte Marketingstrategien der Hersteller und der zunehmenden Internationalisierung tauchen immer wieder Begrifflichkeiten in unserem Wortschatz auf, die zunehmend fälschlich verwendet werden. Um hier etwas Ordnung ins Chaos zu bringen, starten wir nun unsere kleine Erklärungsreihe zu den wichtigsten Begriffen im Bereich Reality Capture.

In Teil 1 behandeln wir den oft genannten „Digital Twin – den digitalen Zwilling“ und erkläutern welche Variationen es davon gibt und wodurch diese sich unterscheiden.

Nicht selten sprechen wir beim Ergebnis unserer Gebäudedigitalisierung aus Lidar- oder Photogrammetriedaten bereits vom digitalen Zwilling. Dabei stellt sich jedoch die Frage: Ab wann ist eine digitale Representation überhaupt ein „Zwilling“? Gibt es noch andere Stufen der Digitalisierung? Und falls ja, was macht diese aus?

Genaugenommen gibt es drei Stufen der digitalen Representation. Ursprünglich aus dem Bereich der digitalen Industrialisierung kommend, unterscheiden wir zwischen Model, Schatten und Zwilling. Inwieweit die einzelnen Stufen sich voneinander abheben, ist abhängig von Ihrer Möglichkeit mit dem physischen / realen Gegenstück zu interagieren.

Hierzu eine kurze Betrachtung:

Das digitale Modell:

Ein digitales Modell ist eine virtuelle Darstellung eines physischen Objekts, Systems oder Prozesses. Es kann verschiedene Formen annehmen, wie zum Beispiel 3D-Modelle, computergestützte Design (CAD)-Dateien, Simulationen oder mathematische Algorithmen. Digitale Modelle ermöglichen die Visualisierung, Analyse und Manipulation von Objekten oder Systemen in einer digitalen Umgebung und unterstützen bei Design, Dokumentation und Analysen.

Ein Architekturbüro könnte auf Basis eines digitalen Models eine Umbauplanung vornehmen, diese dann visualisieren und anhand dessen zum Beispiel Investorenentscheidungen treffen oder Kosten-/Nutzenanalysen durchführen.

Das digitale Modell ist ein Abbild der physischen Umgebung zum Aufnahmezeitpunkt, kann jedoch nicht von oder mit dem physikalischen Objekt kommunizieren um sich weiterzuentwickeln.

Der digitale Schatten:

Ein digitaler Schatten ist eine sich entwickelnde digitale Darstellung, die den aktuellen Zustand und das Verhalten einer physischen Objekts widerspiegelt. Er sammelt Daten von dem Objekt (z.B. die Datenbank eines Geomonitoringsystems) über Sensoren, Geräte des Internet of Things (IoT) oder anderer Quellen und liefert eine Informationszufuhr, die in das Modell eingespeist wird. Dies bedeutet, dass ein digitaler Schatten auf dem neuesten Stand des physischen Objektes ist.

Üblicherweise sind digitale Schatten mathematische Modelle, könnten jedoch auch 3D-Darstellungen sein und konzentrieren sich oft auf spezifische Aspekte. Sie ermöglichen Überwachung, vorausschauende Analysen und Entscheidungsfindung.

Um beim Beispiel der Architektur zu bleiben: Stellen Sie sich vor, ein Bahnhofsgebäude soll untertunnelt werden. Hierzu wird eine Bestandsaufnahme des Gebäudes zum Zeitpunkt X erstellt, woraus ein digitales Modell abgeleitet wird. Nun wird, um die Standsicherheit während der Baumaßnahmen zu gewährleisten, ein Monitoringsystem am Gebäude angebracht, welches die Hebung / Senkung oder Verkippung überwacht. Diese Sensoren, nehmen wir an es handele sich um Inklinometer- und Schlauchwaagensysteme, liefern in regelmäßigen Abständen Messdaten über den Zustand des Gebäudes. Verknüpft man nun die Datenbank der Messsysteme mit parametrisierten Bauteilen des Gebäudemodells, so dass die übermittelten Daten ins Modell einfließen können, entsteht daraus der digitale Schatten.

Der digitale Zwilling (digital Twin):

Der digitale Zwilling wurde geschaffen, um parallel zu existieren und mit realen physischen Objekten zu interagieren. Cyber-physische Systeme verwenden digitale Zwillinge, um Echtzeitdaten von Anlagen oder Sensoren darzustellen und eine digitale Version des physischen Systems zu generieren. Anhand dessen können im virtuellen Raum verschiedene Szenarien getestet und ausgeführt werden und bei Bedarf, nach Entscheidungsfindung, entsprechende Daten und Befehle zurück ins physische System übermittelt werden.

Ein funktionsfähiges cyber-physisches System eines digitalen Zwillings ermöglicht eine bidirektionale Datenübertragung. Der digitale Zwilling empfängt Daten aus der Realität und kann auch Daten zurück an das reale Objekt senden, um bestimmte Aktionen auszulösen.

Digitale Zwillinge können in der Realität zum Beispiel sensorgesteuerte Brückenanlagen sein. Das digitale Modell kann auf Grund der vom Sensor übermittelten Daten virtuelle Entscheidungen zur Auslastung auf der Brücke treffen, Ampel oder Verkehrsflüsse digital simulieren und das beste zur Verfügung stehende Ergebnis dann als Handlungsanweisung zurück ans reale Objekt übermitteln um die Verkehrssteuerung vor Ort zu regeln. Wichtig hierbei: Ein Datenfluss kann in beide Richtungen erfolgen, sowohl von Real zu Digital, als auch von Digital zu Real.

Robin
Author: Robin

Neue Technologien, unkonventionelle Lösungen und interdisziplinäres Arbeiten, das ist genau mein Ding!

spot_img

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

- Advertisment -spot_img

MEISTGELESEN

NEUSTE KOMMENTARE

Cookie Consent mit Real Cookie Banner